24.03.2023

Für mich ist die Emanzipation von Frauen eine Selbstverständlichkeit: Ich wuchs mit zwei Geschwistern bei einer alleinerziehenden Mutter auf. Für mich sind daher emanzipierte Frauen das Standardmodell. Und ich käme nicht auf die Idee zu sagen, ich gehe zum Kardiologen, mein Kardiologe ist nämlich eine hochkompetente Kardiologin. Und selbstverständlich spreche ich meine Kolleginnen und Kollegen an und nicht nur die Kollegen.

Wir kennen Begriffe wie „wortgewaltig“ oder der „Sprache mächtig sein“. In der Sprache steckt offenkundig Macht und damit das Potential zum Missbrauch. Wird dieser Missbrauch durch Gendern vermieden? Beispielsweise dadurch, dass Joe Kaeser, Aufsichtsratsvorsitzender von Siemens Energy, das Wort Mitglieder gendert? Er sprach in der Aufsichtsratssitzung mehrfach von „Mitgliederinnen“, und niemand in seinem Umfeld hat ihm gesagt, dass ein Mitglied grammatikalisch ein Neutrum ist. Gut, er könnte es selbst wissen, wenn nicht, sollte man es ihm sagen. Warum hat es ihm keiner gesagt? Die Antwort ist aus meiner Sicht deprimierend und lautet: weil niemand sich traut. Herr Kaeser hat sein Umfeld von Kritikern bereinigt, er lebt in einem Spiegelsaal. Die "Mitgliederinnen" sind ein vergleichsweise unbedeutender Fehler, gravierend war dagegen beispielsweise, dass er die Rolle der großen Gasturbinen für die Energiewende als Siemens-CEO nicht verstand und lieber der netten Luisa Neubauer einen hohen Posten anbot als einem möglichen Konkurrenten, der etwas von der Sache versteht.

Viele der gegenderten Narrative können inhärenten Machtmissbrauch nur dadurch verbergen, dass Kritik an ihnen in ihrer Reichweite beschränkt oder ganz unterdrückt wird, wie die Twitter-Files eindrucksvoll belegen. Es ist völlig richtig, dass Unternehmen das Primat der Politik anerkennen und beachten. Herrn Kaesers Behauptung, die Russen hätten uns den Gashahn abgedreht, ist ein Narrativ auf wackeligen Beinen. Natürlich kann man dieser Ansicht sein, sie als unstrittig in einer Hauptversammlung darzustellen, ist ein subtiler Machtmissbrauch, weil der Aufsichtsrat zur Neutralität verpflichtet ist und unter dieser Voraussetzung von uns Aktionären gewählt wurde. Ich glaube, wir sollten unsere Sensoren für Machtmissbrauch neu kalibrieren.

Werner Fembacher

30.01.2021

Joe Kaeser – der Desintegrator

Ein Rückblick auf sieben Jahre Siemens-CEO

von Manfred Hoefle

Wer eine Eloge auf den Abschied-nehmenden CEO lesen möchte, nimmt am besten mit dem Buch „Zukunft gestalten -Die Siemens-Unternehmer (1847-2018)“ vorlieb; es könnte von Joe Kaeser (himself) stammen. Nun geht es um eine andere Erzählung.

Denkzettel Nr. 66 als PDF auf unseren Seiten, erstveröffentlicht auf www.managerismus.com

11.01.2021

Siemens hat in den letzten 10 Jahren eine erstaunliche Entwicklung absolviert. Der damals breit aufgestellte Technologiekonzern ist heute sehr schmal aufgestellt, die AG ist in zunehmendem Umfang eine Holding geworden. Wie hat der Aktienmarkt diese 10 Jahre bewertet?

Der Versuch einer Betrachtung
Am Jahresende 2010 betrug der Aktienkurs der Siemens AG 90,24 €, am 04.12.20 betrug dieser 113,30 €. Dies ist ein Plus von 20,81 %. Am Jahresende 2010 stand der DAX bei 6.947 Punkten, am 04.12.20 bei 13.299 Punkten. Dies ist ein Plus von 91,44 %. Schlussfolgerung: Die Siemens Aktie liegt weit abgeschlagen und unterdurchschnittlich hinter der DAX-Entwicklung. Am Aktienmarkt wurde die Unternehmensstrategie dieser 10 Jahre der Siemens AG also nicht honoriert.

Eine weitere Betrachtung
Am 04.12.20 betrug der Kurs der Siemens Aktie wie gesagt 113,30 €. Die Siemens AG weist 850 Mio. Aktien aus. Hinter jeder Aktie steht indirekt ein Aktienanteil der Siemens Energy und der Siemens Healthineers AG. Die Siemens Energy AG weist 726,24 Mio. Aktien aus, davon im Besitz der Siemens AG 45%, d.h. ca. 326,81 Mio. Aktien. Auf eine Siemens Aktie entfallen (326,81:850) 0,38 Siemens Energy AG Aktien. Bei einem Aktienkurs von 24,81 € (Stand 04.12.20) entspricht dies 9,43 €. Die Siemens Healthineers AG weist 1.074,1 Mio. Aktien aus, davon im Besitz der Siemens AG 85%, d.h. ca. 913 Mio. Aktien. Auf eine Siemens Aktie entfallen also (913:850) 1,07 Siemens Healthineers AG Aktien. Bei einem Aktienkurs von 39,79 € (Stand 04.12.20) entspricht dies 42,74 €. Werden nun vom Aktienwert der Siemens Aktie die darauf entfallenen Werte der Siemens Energy AG und der Siemens Healthineers AG abgezogen, verbleibt für die „Kern“-Siemens AG ein Wert von 61,13 €

Eventuell sagen nun manche, man müsse die Werte der Aktien addieren, was zum Stand 4.12.20 dann 177,90 € ausmachen würde, also fast eine Verdoppelung des Wertes von 2010 darstellen täte. Das ist jedoch nicht richtig: die Siemens-Aktie bildet den Wert ab, den der Aktionär für die Siemens AG bezahlt. Und er bezahlt für den gesamten Wert, incl. aller Sachanlagen, Finanzanlagen, etc., also auch aller Aktienanlagen. Würde ein Investor Siemens zum Aktienkurs aufkaufen, könnte er den Kaufpreis für die Siemens AG mit dem Verkauf und dem Erlös vorhandener Aktien „reduzieren“.

Es stellen sich demnach tatsächlich zwei Fragen:

  • War die bisherige Strategie des Vorstandes des permanenten Abspaltens wirklich erfolgreich?
  • Welche offensive strategische Perspektive hat der Vorstand für die „Kern“-Siemens AG?

 

Heinz Hawreliuk

11.02.2020

Das Landgericht München 1 hat meinen Antrag auf einen mitbestimmten Aufsichtsrat zurückgewiesen.
Eine Beschwerde beim Oberlandesgericht hierzu werde ich trotz starker rechtlicher Bedenken der getroffenen Entscheidung nicht vornehmen. Ich will hierzu meine Begründung darlegen.

Ausgangslage

Bei der Gründung der Siemens Healthineers AG stand auch die Frage der Zusammensetzung des Aufsichtsrates an. Die IG Metall akzeptierte den arbeitnehmerlosen Aufsichtsrat mit der Maßgabe, dass die operativen Maßnahmen im mitbestimmten Aufsichtsrat der Siemens HealthCare GmbH und die grundsätzlichen/strategischen Entscheidungen im mitbestimmten Aufsichtsrat der Siemens AG entschieden werden. Aus meiner rechtlichen Überzeugung konnte dies kein haltbarer Zustand sein, da die Siemens AG mit 85% Aktienanteil zwar ein maßgeblicher Aktionär ist, dennoch die Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit des Vorstandes und Aufsichtsrates der Siemens Heatlthineers AG aus aktienrechtlicher Sicht akzeptieren muss. Und dies wiederum begrenzt die Einflussmöglichkeiten der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der Siemens AG auf das Handeln des Vorstandes der Siemens Healthineers AG. Es gilt: wo der Vorstand nichts entscheiden kann, kann auch der Aufsichtsrat nichts entscheiden.
Tatsächlich wurde das Mitbestimmungsmodell der zwei Ebenen in einem Gutachten des Prof. Dr. Mathias Habersack aus dem September 2018 regelrecht geschreddert. Zitat: “ Jedenfalls nach deutschem Aktienrecht hat denn auch der Vorstand der Siemens AG keine Weisungsrechte gegenüber den Mitgliedern des Vorstands und Angestellten der als AG verfassten Tochtergesellschaften; er ist also kein „Konzernvorstand“, sondern Vorstand allein der Siemens AG“. An anderer Stelle: es gilt „… der in §111 Abs.6 AktG ausdrücklich betonte Grundsatz der unabhängigen und weisungsfreien Amtsführung durch das Aufsichtsratsmitglied.“ Damit verbleibt auf der Ebene der Siemens AG im Wesentlichen das Recht des (Haupt-)Aktionärs auf der Hauptversammlung.

Antragsstellung

Mit meiner Initiative auf Anwendung des Mitbestimmungsgesetzes ging es mir vor allem darum, klarzustellen, dass eine börsennotierte Aktiengesellschaft mit über 11 000 Arbeitnehmern nicht ohne Arbeitnehmerinteressen im Aufsichtsrat geführt werden soll. Mein Schreiben an die Siemens Healthineers AG vom 4.06.2019 erfolgte mit der Aufforderung, die gesetzliche Regelung zur Besetzung des Aufsichtsrates hinsichtlich der Anwendung des Mitbestimmungsgesetzes zu prüfen. In der Antwort erfolgte der Hinweis „… aufgrund der Abhängigkeit der Siemens Healthineers AG wird gesetzlich vermutet, dass sie mit der Siemens AG als herrschendem Unternehmen einen Konzern unter einheitlicher Leitung bildet.“ und dass daher kein mitbestimmter Aufsichtsrat zu bilden ist. In der Stellungnahme auf meinen Antrag an das Gericht schreibt der Vorstand der Siemens Helthineers AG „Die Siemens AG nimmt zur Wahrnehmung ihrer Konzernleitungsfunktion in vielfältiger Weise auf die Personalpolitik und die Geschäftstätigkeit der Antragsgegnerin (Hinweis: der Siemens Healthineers AG) Einfluss.“ Der Tenor der Stellungnahme vermittelt den Eindruck, dass die Leitung des Unternehmens bei der Siemens AG liegt.

Gerichtliche Entscheidung

Das Gericht hat den Antrag auf einen mitbestimmten Aufsichtsrat zurückgewiesen. Es hat sich in weitem Umfang der Stellungnahme der Siemens Healthineers angeschlossen. Aus der Begründung gibt es für mich einen Satz zum Schlüssel des Verständnisses des Gerichtes: „Ganz wesentlich gegen die Annahme eines Konzerns im Konzern spricht auch die Tatsache, dass der Geschäftsbereich der Antragsgegnerin ausweislich der Ausführungen im Geschäftsbericht als „strategische“ Einheit bezeichnet wird. Gerade wenn diese Segmente gegenüber der Siemens AG berichtspflichtig sind, zeigt dies, dass wesentliche Entscheidungen gerade nicht eigenverantwortlich bei der Antragsgegnerin, sondern in der Obergesellschaft getroffen werden“. Mir bleibt bei diesem Satz die Luft weg. Ist Siemens Heathhineers AG ein Segment der Siemens AG oder eine eigenständige juristische Person, eine AG mit ihren eigenen gesetzlichen Regelungen? Ist diese AG gegenüber der Siemens AG berichtspflichtig? Trifft die Siemens AG wesentliche Entscheidungen für die Siemens Healthineers AG? Ist das, was das Gericht hier formuliert hat, mit dem Aktiengesetz und der Eigenständigkeit und Weisungsunabhängigkeit von Vorstand und Aufsichtsrat der Siemens Healthineers AG vereinbar? Es würde sich für das Gericht lohnen, das Gutachten des Herrn Prof. Dr. Mathias Habersack zu lesen.

Schlussfolgerungen

Der Vorstand der Siemens AG wird auf seine begrenzte Zuständigkeit gegenüber der Siemens Healthineers AG bei deren Leitung verweisen und damit auch den Aufsichtsrat der Siemens AG. Der Vorstand der Siemens Healthineers AG wird auf die Leitungsfunktion der Siemens AG verweisen und den mitbestimmten Aufsichtsrat verhindern, damit uneingeschränkt die Entscheidungen für die Siemens HealthCare und deren Arbeitnehmer treffen. So geschehen bei dem Erwerb der Corindus durch die Siemens Healthineers AG für1,1 Mrd. Dollar. Aus der Sicht des Aktionärs der Siemens Healthineers AG stellt sich die Frage, ob der Vorstand der Siemens Healthineers AG, z.B. auf der Hauptversammlung, tatsächlich der handelnde und entscheidende Vorstand für die Geschäfte dieser AG oder ob dies ein anderer Vorstand/Merheitsaktionär ist.

Zumindest ein Punkt bleibt: Die Arbeitnehmerbeteiligung in der Unternehmenspolitik der Siemens Healthineers AG ist ausgehebelt.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt wäre die Anrufung der nächsten gerichtlichen Instanz möglich, würde mich aber überfordern. Dies wäre mit erheblichen Kosten verbunden. Und ich bin an einem Punkt gescheitert. Mir ist es nicht gelungen, die IG Metall als offensiven Mitstreiter zu gewinnen. Die rechtlichen Positionierungen, auch gegenüber dem Gericht, sowie das Aufkündigen von Absprachen hat bei mir Unzufriedenheit hinterlassen. Andererseits, auch mit den Vertretern der IG Metall wurde seitens der Siemens AG und der Siemens Healthineers AG in dieser Frage nicht seriös umgegangen.


Heinz Hawreliuk

16.01.2020

Ausgerechnet Australien erzeugt rund 15 t CO2 pro Einwohner, also 50% mehr als ein Einwohner in Deutschland und kommt also bei 25 Mio. Einwohnern auf rund 375 Mio. t CO2 pro Jahr. Hinzu kommt bei einem Bevölkerungswachstum von 1,5 % pro Jahr (Bevölkerungswachstum ist auch in Bezug auf CO2 nachteilig, gilt aber als Tabuthema, da dieses Wachstum überwiegend in den sog. Entwicklungsländern stattfindet, ein diesbezüglicher Vorwurf aber als Rassismus gedeutet werden kann) rund 5,6 Mio. t COpro Jahr.

Australien ist größter Kohleexporteur der Welt und hat auch beim Flüssiggas eine Spitzenstellung. Zudem liefert es rund 11 % der Steinkohle für die deutschen Kohlekraftwerke. Dies alles war selbstverständlich Mobility bzw. dem Siemenskonzern bekannt, als es darum ging, Eisenbahn-Signaltechnik für die Erschließung der Carmichael-Kohlemine in Australien zu liefern.

Das Geschäft rechnet sich und was ist mit der Nachhaltigkeit? Ist Nachhaltigkeit eine willkommene Worthülse hinter der gilt: Geschäft wie bisher? Wenn nicht, dann stellt sich die Frage, wie Mobility das CO2-Problem (max. 170 Mio. t pro Jahr durch die Verbrennung der geförderten Kohle) oder die Gefahren für das Great Barrier Reef (Weltnaturerbe) berücksichtigt hat.

Wenn sich diese Frage nicht gestellt hat: Wie handelt Mobility bzw. der Siemenskonzern in Zukunft und zwar so, dass die Entscheidungen verantwortungsvoll, transparent und nachvollziehbar sind?


Jürgen-Helmut Schulz

 

   
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